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Die Digitalisierung kommt im Pflegesektor an

 

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

das erste der insgesamt drei TV-Trielle zwischen Annalena Baerbock (Grüne), Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) hat zumindest eines deutlich gemacht – Gesundheits- und insbesondere Pflegepolitik spielen trotz Pandemie offenbar nur eine Nebenrolle im Wahlkampf. Debattiert wurde bei diesem ersten Aufeinandertreffen einzig über das Tempo der Impfkampagne sowie die Notwendigkeit von Maskenpflicht und Lockdown. Das Thema Pflege kam dagegen überhaupt nicht vor.

Dabei mahnte der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, vor einer Woche nochmals eindringlich, Pflegebedürftige und deren Angehörige in der vierten Welle der Pandemie vor allem mit ihren Bedürfnissen in den Fokus zu nehmen und die richtigen Schlüsse aus den Erfahrungen der letzten Monate zu ziehen. Zu Beginn der Pandemie sei es zu „deutlichen Verschlechterungen der psychischen und physischen Gesundheit“ bei Pflegeheimbewohner:innen gekommen, und pflegende Angehörige waren oft auf sich allein gestellt. Das, so Westerfellhaus, dürfe sich nicht wiederholen.

Hoffen wir also darauf, dass den Themen Gesundheit und Pflege bei den kommenden Triellen eine höhere Bedeutung zugestanden werden. Denn: dass die Parteien durchaus unterschiedliche Positionen vertreten, können Sie auch in unseren Interviews mit den gesundheitspolitischen Sprecher:innen bzw. in den Antworten unserer Wahlprüfsteine nachlesen.

Bleiben Sie gesund und lassen Sie sich, wenn möglich, impfen.

Es grüßt herzlich

Claudia Dirks

Zahl des Tages

Nur 6 %

der deutschen Pflegeheime bieten ihren Bewohnern kostenfreies WLAN.

Quelle: Portal Pflegemarkt

hih-Termine

Freitag, 24. September 2021, 14.00 – 16.00 Uhr
DigitalRadar – Kick-off zur Reifegradmessung

Mit Spannung von der deutschen Krankenhauslandschaft erwartet, wird das Modell zur Evaluierung des digitalen Reifegrades von Krankenhäusern gemäß den Anforderungen des Krankenhauszukunftgesetzes (KHZG) vorgestellt. Zu Wort kommen die Verantwortlichen des DigitalRadar Konsortiums sowie Vertreter:innen der Pilotkrankenhäuser. Sie geben fachkundig Auskunft über Prozedere, Inhalt und Aufwand.
Zur Anmeldung


Mittwoch, 29. September 2021, 16.00 – 19.00 Uhr
KIM – Sichere Emails für Ärzt:innen, Part 2

KIM – Der Kommunikationsdienst im Medizinwesen ermöglicht endlich den sicheren Austausch medizinischer Dokumente wie Befunde und Arztbriefe über die Telematikinfrastruktur. Gemeinsam mit verschiedensten Anbietern, Ärzt:innen, der gematik und dem Deutschen Ärzteblatt „gehen“ wir live in die Praxen und zeigen in Echtzeit, was getan wurde oder werden muss, um Informationen sicher zu verschicken und zu empfangen.
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Unsere Veranstaltungen sind kostenfrei, in der Regel ohne Anmeldung und für jedermann – Sie müssen nur zu gegebener Zeit auf unserer Startseite auf den Livestream-Link gehen.

Alle hih-Veranstaltungen

Digitale Tools

Ein regionales Ökosystem für Innovationen

Die Professur ist einzigartig in Deutschland: „Versorgungsforschung – Pflege im Krankenhaus“ an der Universitätsmedizin Halle. Ihr Inhaber, Prof. Dr. Patrick Jahn, ist Projektleiter des vom BMBF geförderten Bündnisses „Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung“. Das Bündnis hat soeben vom BMBF zusätzliche Mittel für ein „Innovationslabor für digitalisierte Pflegversorgung“ erhalten. Wir sprachen mit Professor Jahn über die zentralen Erfolgsfaktoren eines Innovationsbündnisses und welchen Beitrag es für die Bewältigung des Strukturwandels in einer von der Braunkohle geprägten Region leisten kann.

Professor Jahn, Glückwunsch zur Förderung des Innovationslabors für digitalisierte Pflegeversorgung! 2022 soll es losgehen. Wie kam es dazu?

Das Labor ist eine Ergänzungsförderung der 2019 gestarteten und vom BMBF bis Ende 2025 geförderten „Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung“. Aktuell befinden wir uns in der Phase der Beschaffung, nächstes Jahr geht es richtig los. Das Labor versteht sich als Vernetzungs- und Experimentierraum von Innovationsgestaltern aus Pflege, Technik, Wissenschaft und Gesellschaft.

Im südlichen Sachsen-Anhalt stehen wir bereits heute vor einer Reihe von Herausforderungen wie dem durch den Kohleausstieg bedingten Strukturwandel, einem Fachkräftemangel und den demografischen Wandel mit einem Anstieg der Pflegebedürftigkeit, die andere Regionen in Deutschland erst in wenigen Jahren so erfahren werden. Die zentralen Erfolgsfaktoren für Nachhaltigkeit sind Infrastruktur und eine offene Innovationskultur. Gute Infrastruktur kann den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zum Aufbau der notwendigen Kultur stark unterstützen.

Was haben Sie konkret vor?

Entwickeln wollen wir beispielsweise drohnenbasierte Medikamentenlieferung, Software für spezielle Schmerztherapie und digitale Pflegeausbildung. In der Pandemie haben wir einen Covid-Fast-Track aufgelegt und haben funktionierende Lösungen entwickelt wie die Medikamentenlieferung zur kontaktlosen Übergabe und eine DIGA für die digitale Rehabilitation für Long Covid-Patienten, die eine Betreuung zuhause brauchen Das Bündnis ist ein regionales Ökosystem für Innovationen und bietet eine Infrastruktur für alle Akteure.

Wo kann Digitalisierung Pflege konkret unterstützen?

Pflege wird zunehmend digital. Angefangen von der Tele-Pflege, über DiPAs, Robotik und Automatisierung im Bereich Logistik und Dokumentation, Entlastung von körperlich belastenden Tätigkeiten bis hin zur Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe über neuen Möglichkeiten der digitalunterstützen Kooperation. In der unmittelbaren Interaktion mit den Menschen wollen Pflegende möglichst wenig an digitale Systeme abgeben, aber dort, wo sie von dieser Interaktion abgehalten werden, können sie sich umso stärker eine Delegation der Tätigkeiten auch an technische Systeme vorstellen.

Kann Digitalisierung den gordischen Knoten der Sektorentrennung im Gesundheitswesen lösen?

Allein durch Digitalisierung wird es nicht zu einer Überwindung der Sektoren kommen. Entscheidend ist ein Agieren der Gesundheitsberufe und Disziplinen auf Augenhöhe. [Lesen Sie hier das ungekürzte Interview.]

Lesen Sie hier das ungekürzte Interview.

 

Nach den DiGA kommen die DiPA

Das Mitte des Jahres in Kraft getretene Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierung-Gesetz (DVPMG) regelt unter anderem die Einführung Digitaler Pflegeanwendungen (DiPA). Das Verfahren wird analog zu den DiGA ausgestaltet. Der Unterschied: Während DiPAs von den Kassen erstattet werden, übernimmt die Pflegekasse die Kosten einer DiPA auf Antrag. Der antragstellende Patient muss dabei über einen anerkannten Pflegegrad verfügen.

 

Beckenboden-Training für Männer

Das erste digital gestützte Beckenboden-Training für Männer ist „Pelvintense“ und wurde von Urologen, Sportmedizinern und Physiotherapeuten entwickelt. Die App unterstützt bei der Therapie und Vorbeugung von Harninkontinenz, etwa nach einer Prostata-Operation und kann auch gegen Rücken- oder Beckenschmerzen eingesetzt werden.

 

Alzheimer & You

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz hat für Angehörige mit Demenz eine kostenlose App mit Tipps für die aktive Gestaltung des Alltags entwickelt. Die Idee stammt von den beiden Gewinnerinnen des Wettbewerbs „Alzheimer & You – Zeig Deinen Erfindergeist!“. Zu den Kategorien der App gehören Freizeit, Haushalt und Garten, Ausflüge, Mobilität, Unterhaltung, Kontakte, Auszeit, Wohnraum, Ernährung, Jahreszeiten, Wohlbefinden und Vorsorge.

@Patienten

hih-Wahlprüfsteine – Unsere sechs Fragen an Bündnis90/Die Grünen

„Mehr Akzeptanz durch Stärkung der digitalen Souveränität der Versicherten und verlässliche Datensicherheit“ – Nach unserem Gespräch im Juni mit Maria Klein-Schmeink, MdB, der gesundheitspolitischen Sprecherin Bündnis90/ Die Grünen, hat uns auch noch einmal die Bundestagsfraktion Antworten auf unsere sechs Wahlprüfsteine zur #btw21 beantwortet.

Wie schätzen Sie das Potenzial für die Digitalisierung der Gesundheitsversorgung in Deutschland ein?

Durch die Digitalisierung bieten sich in unserem Gesundheitswesen vielfältige Möglichkeiten und Anwendungsfelder: Durch telemedizinische Leistungen können spezialärztliche Versorgungsangebote leichter auch in dünn besiedelten Regionen zugänglich werden, digitale Anwendungen können Therapien oder die Pflege unterstützen, durch Patientenakten können Versicherte ihre Gesundheitsdaten anderen Leistungserbringern oder der Forschung zugänglich machen und so die Versorgung verbessern. Für all das ist die Akzeptanz der Patient:innen die Basis. Die Akzeptanz wollen wir GRÜNE durch die Stärkung der digitalen Souveränität der Versicherten und verlässliche Datensicherheit fördern. Zudem ist eine Strategie für die Digitalisierung im Gesundheitswesen notwendig, um klare Meilensteine, Prioritäten und Verantwortlichkeiten zu bestimmen. Eine solche Strategie muss gemeinsam mit den Nutzer:innen entwickelt werden. So ist sichergestellt, dass die Digitalisierung sich insbesondere an den Interessen der Patient:innen und ihrer Versorgung orientieren.

Die Verfügbarkeit medizinischer Daten ist für die Weiterentwicklung der Medizin von herausragender Bedeutung. Wie wollen Sie die Verfügbarkeit derartiger Daten für die Forschung verbessern? Welche Rolle soll der einzelne Bürger dabei einnehmen?

Wir GRÜNE wollen die digitale Souveränität der Bürger:innen stärken. Sie sollen entscheiden, ob sie ihre Gesundheitsdaten für die Forschung zur Verfügung stellen wollen und zu welchem Zweck. Patient:innenbeteiligung soll auch bei Forschungsvorhaben, wo immer möglich, von vornherein und im gesamten Prozess gewährleistet werden. Eine frühzeitige Einbindung in Forschungsprozesse ist zu fördern, außerdem eine dezentrale Forschungsdateninfrastruktur. Die Daten sollen nach offenen Standards, mindestens unter den so genannten FAIR-Kriterien und in der Regel am jeweiligen Ort ihrer Erhebung mit einheitlicher Semantik und Syntax gespeichert werden. Eine zentrale Stelle soll eine Übersicht über verschiedene Datenpools liefern. Patient:innen müssen darüber informiert werden, was mit den sie betreffenden Daten geschieht und unter welchen Rahmenbedingungen sie von wem wofür genutzt werden. Die konkrete Ausgestaltung könnte sich an der finnischen „Findata“ orientieren, die vergleichbare Aufgaben wahrnimmt. Die Förderung der Datenqualität und Nutzbarkeit von bereits verfügbaren Daten sollte jedenfalls im Vordergrund stehen, um aussagekräftige Ergebnisse zu produzieren.

Zentrale Rolle der gematik ist es, Standards für den Einsatz digitaler Technologien zu definieren. Wie operativ soll/ sollte sich die gematik als staatliches Unternehmen zukünftig am Markt positionieren?

Die Rolle der gematik hat sich in der letzten Legislaturperiode erheblich verändert. Es ist gut, dass sie selbst als Akteur deutlich erkennbarer geworden ist, programmatische Positionen bezieht und transparenter auftritt und sich nicht hinter ihren Gesellschaftern versteckt. Auch die stärkere Einbindung von Patient:innen und weiterer Stakeholder ist wichtig, um Vertrauen zu schaffen. Ordnungspolitisch ist einiges stark verbesserungswürdig: Faktisch gehört sie dem Bund, wird aber überwiegend aus Mitteln der Beitragszahler:innen der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert. Rechts- und Fachaufsicht durch das Gesundheitsministerium verschwimmen. Sie ist überdies demokratischer Kontrolle durch den Gesetzgeber weitgehend entzogen. Wir GRÜNE halten eine Digitalagentur für das Gesundheitswesen weiter für nötig. Gleichwohl ist eine solche Rolle schwer vereinbar mit einem Akteur, der selbst Anwendungen auf den Weg bringt, der gleichsam Verkehrspolizist*in und Verkehrsteilnehmer*in in einem ist. Aus unserer Sicht ist es daher für die nächste Legislaturperiode zentral, neben einer Strategie auch eine neue Governance für die Digitalisierung zu entwickeln.

Wie sieht eine Alternative zur bestehenden DRG-basierten Krankenhausfinanzierung aus, und welche Rolle werden dabei Patienten-Outcomes spielen?

Wir GRÜNE werden eine Reform der DRGs auf den Weg bringen. Dazu gehört einerseits eine ergänzende Säule zur Finanzierung von nicht an die Fallzahl gebundenen Vorhalteleistungen. Davon können besonders kleine bedarfsnotwendige Krankenhäuser, Kinderkliniken und pädiatrische Abteilungen sowie die Notfallversorgung profitieren.

Lesen Sie hier das ungekürzte Interview.

 

GOOD PRACTICE „Dorfgemeinschaft 2.0“ – Mobilität, Versorgung, Wohnen, Pflege und Gesundheit zusammen denken

Immer mehr Menschen wollen in den eigenen vier Wänden selbstbestimmt alt werden. Das zeigt – stellvertretend für viele - das Projekt „Altern in der Dorfgemeinschaft 2.0“, an dem sieben Kommunen beteiligt sind. Viele ältere Menschen leben in ländlichen Gebieten. Dort ist der Mangel an Ärzten und Pflegekräften besonders sichtbar und digitale Werkzeuge oft unbekannt.

Im niedersächsischen Landkreis Grafschaft Bentheim wurde fünf Jahre lang das Projekt „Dorfgemeinschaft 2.0“ vom BMF gefördert. Vor wenigen Monaten endete die Förderphase. Die Kernidee des Projekts: Die Lebensbereiche Mobilität, Versorgung, Wohnen und Pflege bzw. Gesundheit zusammen denken und die Technik zu den Menschen bringen. So wird barrierefreies Wohnen durch ein digitales Hausnotrufsystem unterstützt, Tablets bedeuten soziale Teilhabe und Videokonferenzen mit dem Hausarzt sparen unnötige Wege und Wartezeiten.

 

Pflege als Wahlhilfe

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) hat zur Bundestagswahl einen PflegOmat gestartet mit insgesamt acht Fragen an die Parteien. Die achte Frage befasst sich auch mit den Chancen der Digitalisierung in der Pflege.

Everyday Mood Booster

Hilfreiche Webseite für Zweifler

Am – vielleicht auch bis zum – 15. September sollen alle bis dahin vollständig gegen COVID-19 Geimpfte eines (na ja) plötzlichen Todes sterben. Die Webseite bin-ich-schon-tot.de ist sehr hilfreich für diejenigen, die dann unsicher sind, ob sie möglicherweise schon tot sind.

Good News

5G für die Pflege

Die Digitalisierung kommt im Pflegesektor an und hat durch die Corona-Pandemie an Fahrt aufgenommen. Das neue Digital Urban Center for Aging & Health (DUCAH) forscht an den Schnittstellen von Digitalisierung, Urbanisierung und Gesundheit. Zu den Gründungsinitiatoren gehören die Stiftung Internet und Gesellschaft, das Einstein Center Digital Future (ECDF) und das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG). Ziel des DUCAH: Pflegende, Angehörige und Pflegekräfte mit digitalen Technologien menschenwürdig, ethisch und nachhaltig besser zu unterstützen.

Passen Sie auf sich und Ihre Mitmenschen auf!

Ihr hih-Team

Mehr Informationen finden Sie auf unserer Webseite

 
hih - health innovation hub
des Bundesministeriums für Gesundheit

Torstraße 223
10115 Berlin

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+49 30 847 11 340

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