Sichere Kommunikation muss nutzerorientiert sein
Sichere digitale Kommunikation scheint der neueste, heiße Hit im Gesundheitswesen zu werden. Außenstehende wundern sich, doch medizinisches Personal freut sich darauf, bspw. mit dem TI-Messenger der gematik endlich im rechtssicheren Raum schnell kommunizieren zu können. Basis dieser Technik ist das sogenannte Matrix-Protokoll, das die Grundlage der kürzlich vorab veröffentlichten Messenger-Spezifikation der gematik darstellt. Das Berliner Startup Famedly setzte schon früh auf diese Technik und kann so bereits heute über Erfahrungen aus der Anwendung im Gesundheitswesen berichten. Die Gründer von Famedly, Dr. Phillipp Kurtz und Niklas Zender, im Gespräch über Zuhören, Teilhabe und Datenschutz.
Ihr wart die Ersten in Deutschland, vielleicht weltweit, die spezialisiert auf das Gesundheitswesen auf Matrix gesetzt haben: Wie seid ihr da gelandet, und wieso Matrix?
Wir sind beide Ärzte und haben die Kommunikationsprozesse im Krankenhaus sowie im ambulanten Bereich selbst kennengelernt. Es war so offensichtlich, wie viel Zeit in Telefonwarteschleifen oder mit dem Auffüllen von Papier für das Faxgerät verschwendet wurde, anstatt sie in die medizinische Zusammenarbeit zu investieren. Ein Messenger erschien uns ein geeignetes Format, um schnell und einfach Informationen auszutauschen. Mit dieser These sind wir 2018 gestartet und nach vielen Gesprächen mit Ärzt:innen, Pflegenden, Management und Gesundheits-ITler:innen hat sich herauskristallisiert, dass eine WhatsApp-ähnliche Lösung tatsächlich die technologische Basis für den Datenaustausch sein kann. Bestehende Lösungen wie KIM oder andere Messaging-Lösungen brachten aus unserer Sicht nicht die nötigen Voraussetzungen mit. Nach viel Technologierecherche (Signal, XMPP, Matrix, Wire, etc.) sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass das Matrix-Protokoll durch dessen Dezentralität und die starke Ende-zu-Ende Verschlüsselung, die bestens geeignete Technologie für die Umsetzung unserer Vision ist. Wie sich jetzt herausstellt, scheinen wir mit dieser Einschätzung richtig gelegen zu haben.
Matrix entstammt ja eher einer Hacker-Kultur: Wie bringt Ihr das mit den nicht immer Technik-verliebten Anforderungen des Gesundheitswesens zusammen?
Das ist tatsächlich ein sehr spannender Punkt. Nutzer:innen aus der Gesundheitsbranche möchten bestmöglich Patient:innen behandeln und haben wenig Interesse daran, wie genau die ganzen IT-Systeme funktionieren. Die Software muss sehr intuitiv handzuhaben sein, ansonsten gewinnt das Fax. Daher entschieden wir uns gegen den Standard-Klienten (“Element”), welcher eindeutig für ITler:innen konzipiert ist. Wir entwickelten einen eigenen Klienten, der sich an den Bedürfnissen medizinischen Fachpersonals orientiert. Die Oberfläche ähnelt dabei in der Tat WhatsApp, da dies einer der Wünsche unserer Testnutzer:innen war.
Kopfzerbrechen bereitet uns noch der Umgang mit der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Leider brechen viele Messenger diese auf, um die Nutzererfahrung zu verbessern. Das wiederum untergräbt die hohen Datenschutzanforderungen der Gesundheitsbranche und ist damit für uns keine Alternative. Ein Dilemma, das es noch besser und einfacher zu lösen gilt. Daher versuchen wir neben unseren technischen Maßnahmen, den Nutzer:innen auch ein Verständnis für IT-Sicherheit zu vermitteln. Das ist nicht immer einfach, aber der Schutz der Patientendaten ist jeden Aufwand wert.
Wie passt der interoperable, offene Ansatz beim TI-Messenger der gematik zu gewerblichen Interessen?
Das passt sogar sehr gut, falls man kein Geschäftsmodell hat, welches auf der Verwertung von Daten oder auf einem geschlossenen Netzwerk basiert. Durch Interoperabilität und offene Schnittstellen haben Kunden Wahlfreiheit und können sich immer den Anbieter heraussuchen, der die für Ihren Anwendungsfall beste Lösung anbietet. Das verhindert effektiv Lock-In Effekte, belebt den Wettbewerb und führt zu zufriedeneren Kunden. […]
Lesen Sie hier das ungekürzte Interview.
Sturzprävention und Mobilitätsanalyse
Jeder Dritte über 65 Jahre stürzt mindestens einmal im Jahr – mit oft schwerwiegenden Folgen. Ein Viertel der Gestürzten braucht einen erhöhten Pflegebedarf. KI gestützt analysiert die digitale Mobilitätsanalyse von Lindera das individuelle Sturzrisiko und empfiehlt Maßnahmen zur Vorbeugung. Die KI lernt, wie sich das individuelle Gangbild und Mobilität über die Zeit verändert. Ziel ist es, einen Beitrag zu leisten, damit ältere Menschen möglichst lange, sicher und selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben können. Pflegekräfte werden durch die Dokumentation der Sturzprophylaxe entlastet und können die gewonnene Zeit für Prävention mit den Pflegenden nutzen.
ePA Online-Fortbildung für Ärzt:innen
Der thematische Fokus der eHealth Academy liegt auf dem digitalen Wandel in der Medizin. In Zusammenarbeit mit der Fortbildungsakademie der Ärztekammer Hamburg wurde aktuell auch eine kostenfreie Online-Fortbildung zur elektronischen Patientenakte entwickelt (Umfang: ca. 2 Std.).
Gestartet in 2020 wird aktuelles medizinisches Wissen über Online-Fortbildungen auf der Lernplattform zu diversen Themenbereichen vermittelt. Neben exklusiv für die Academy entwickelten Online-Schulungen, werden auch Veranstaltungen der Fortbildungsakademie der Ärztekammer Hamburg angeboten, die ursprünglich live stattgefunden haben. So können Fortbildungspunkte über die online-Lernplattform nach freier Zeitwahl erworben werden.
Investments in Digital Health Start-ups steigen stark
Im Vergleich zum Vorjahr sind, laut EY Start-up-Barometer 2021, Investments 2021 bereits um das Vierfache gestiegen. 43 junge Unternehmen haben bis heute mehr als 400 Millionen Euro eingesammelt, 2020 haben Risikokapitalgeber insgesamt 122 Millionen Euro für Start-ups der digitalen Gesundheitswirtschaft ausgegeben. 21 der geförderten Start-ups entwickeln Patienten-Apps, drei Apps für Pflegende und Ärzt:innen. |